Category Archives: German

Postwachstumsplanung – Räume, Akteure, Prozesse

Die vielfach diskutierte sozial-ökologische Transformation ist auch mit der Forderung nach raumbezogenen Veränderungen verbunden. Dabei ist jedoch oft unklar, wer Veränderungen vordenken, anstoßen, begleiten und schließlich umsetzen kann und sollte. Wo entstehen diese Veränderungen und wie werden sie implementiert, adaptiert und ausgehandelt?

Diesen Kernfragen widmet sich die Initiative Postwachstumsgesellschaft der Regionalgruppe NRW im Jungen Forum der Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL). Sie hat hierfür ein IdeenLabor Postwachstumsgesellschaft initiiert. In drei Diskussionsveranstaltungen wurde im Mai, Juni und September jeweils ein Thema – Räume, Akteure, Prozesse – in den Fokus gerückt. Insgesamt haben sich mehr als 50 Personen – Wissenschaftler*innen, Praktiker*innen, Aktivist*innen, … – an der Diskussion beteiligt.

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Buch: Ich suchte das Glück und fand die Zufriedenheit (Hans-Otto Thomashoff, 2014)

Glück ist derzeit in vielen Büchern und Ratgebern allgegenwärtig. Meist ist es kurzfristig, mit bestimmten Erlebnissen und Ereignissen verbunden und nicht einfach reproduzierbar. Auch im IdeenLabor Postwachstumsgesellschaft fragen wir danach, was Menschen in einer Stadt glücklich macht – und nicht nur danach, was ihre (materiellen) Interessen sind. Was Glück genau ist, wie man es erreichen und erkennen (und möglicherweise vergleichen) kann, ist aber keine einfache Frage mehr.

Der Titel von Hans-Otto Thomashoff “Ich suchte das Glück und fand die Zufriedenheit: Eine spannende reise in die Welt von Gehirn und Psyche” legt nahe, dass er sich auf die Suche nach Glück macht und Erfahrungen schildert. Grund genug, einen Blick zu wagen und die Reise zu verfolgen. Zu Beginn wird klar: die Reise ist für Thomashoff bereits abgeschlossen. Im ersten Absatz schildert er “Nicht Glück macht glücklich, sondern Zufriedenheit. Zufriedenheit ist das eigentliche Glück” (S. 9, Hervorhebung im Original). Dementsprechend widmet er dann die acht Kapitel des Buches der Herleitung und Erklärung.

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Skyline Dortmund

Artikel „Gewerbelärm contra Nutzungsmischung – Zur Praxistauglichkeit des Urbanen Gebietes“

In der aktuellen Ausgabe der RaumPlanung (Nr. 190) des Informationskreis für Raumplanung e.V. beschäftige ich mich gemeinsam mit Andrea Rüdiger und Johanna Schoppengerd mit der aktuellen Novelle von BauNVO und TA Lärm, über die ein neuer Baugebietstyp – das Urbane Gebiet (MU) – eingeführt wird. Aus Richtung des Schutzes vor Gewerbelärm diskutieren wir die Konflikte zwischen gewünschter enger Nutzungsmischung einerseits und den Anforderungen des Schutzes vor Gewerbelärm andererseits. Das Urbane Gebiet wirft weitergehende Fragen auf, was gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse heute sind, wie Nutzungsmischung tatsächlich gestaltet werden kann und welche Anpassungen in der starren Immissionsschutzarchitektur – die in ihrem Grundsatz auf Funktionstrennung abzielt – dafür notwendig sein könnten.

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IdeenLabor Postwachstumsgesellschaft

IdeenLabor Postwachstumsgesellschaft – Räume, Akteure, Prozesse

Postwachstumsgesellschaft – Was macht die Menschen einer Stadt glücklich? Wer hat die Macht in einer Stadt? Wie können unterschiedliche Entwicklungen über räumliche, institutionelle und mentale Grenzen hinweg ausgeglichen werden?

Die Postwachstumsgesellschaft, die das Wohlbefinden aller Menschen in das Zentrum rückt, wird heute schon erprobt und gelebt. Wo sind ihre Räume? Wer sind ihre Akteure? Was sind ihre Prozesse? Inwiefern unterstützen oder behindern herkömmliche Planungsinstrumente, -verfahren, -methoden und -leitbilder eine Transformation zur für Alle lebenswerten Postwachstumsgesellschaft? Eine Grundlage ist dafür auch die Diskussion alternativer Bewertungsmaßstäbe (Happiness-Index, Ressourcenansätze), von Governance-Formen und Umverteilungsansätzen (Urban Commons, Reallabore, Sharing-Economy) sowie sozial-räumlicher Gerechtigkeits- und Ordnungsvorstellungen und deren politischer Aushandlung und Legitimation.

Eine Vielzahl an Fragen hierzu wurde bisher noch unzureichend in der räumlichen Planung gesammelt, diskutiert und bearbeitet. Gemeinsam mit allen Anwesenden wollen wir – Christian Lamker, Nadine Mägdefrau und Viola Schulze Dieckhoff – erste Antworten sortieren, Fragen sammeln und Ansatzpunkte für zukünftige Aktivitäten entwickeln.

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Unsicherheit in der räumlichen Planung

Alle sprechen davon – aber was ist überhaupt Unsicherheit in der räumlichen Planung? Einen guten Ausgangspunkt für eine gemeinsame Sprachregelung bietet die Management- und Organisationstheorie, aber auch Bestandteile aus der Komplexitätstheorie und der poststrukturalistischen Ansätze sind eine gute Grundlage. Diese Ansätze schauen verstärkt auf die Mikroebene und planerisches Handeln. So gibt es in der Management- und Organisationstheorie umfassendere und systematischere Ausarbeitungen zum Unsicherheitsbegriff und zum Handeln unter Unsicherheit (Hatch und Cunliffe 2006; Steinmann, Koch und Schreyögg 2013; Stacey und Mowles 2016). Wichtige Referenzwerke, auf die viele heutige Definitionen von Unsicherheit verweisen, stammen aus der Ökonomie (Knight 1921; Keynes 1997). Marktprozesse sind zu einem gewissen Grad immer unsicher, weil sich die ‚unsichtbare Hand des Marktes‘ nicht erfassen und erst Recht nicht planen lässt. Zwar ist für Planung in allen Ansätzen anerkannt, dass der Markt nicht alle Allokationsprobleme in einer Weise lösen kann, die einer gesamtgesellschaftlichen Vorstellung entspricht. Gleichzeitig ist aber auch erkennbar, dass sich Planungstheorie zunehmend mit Selbstorganisation (in komplexitätstheoretischen Ansätzen), mit dem Setzen allgemeiner Regeln (in kommunikativen sowie management- und organisationstheoretischen Ansätzen) oder mit einem selbstkritischen Bild (poststrukturalistische Ansätze) positioniert.

Hinweis: Der gesamte Text ist angepasst aus den Seiten 76-83 und 88-89 meiner Dissertation. Diese Seitenangaben entsprechen der 2016 veröffentlichten Druckfassung: Lamker, Christian W. (2016). Unsicherheit und Komplexität in Planungsprozessen: Planungstheoretische Perspektiven auf Regionalplanung und Klimaanpassung. Lemgo: Rohn.

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Phoenix-See

Aus Detroit ins Ruhrgebiet

Letzte Woche hatten wir an der TU Dortmund Besuch einer Gruppe 16 Studierender der Wayne State University aus Detroit. Unter der Überschrift “Urban Planning in a Global Context” standen im Ruhrgebiet und im Bergischen Land viele Besichtigungen und Diskussionen auf dem Plan.

Einen Schwerpunkt bildete die regionale Transformation der Region mit Industriekultur, IBA Emscher Park und Leuchttürmen wie dem Landschaftspark Duisburg, der Halde Hoheward, dem Westpark Bochum, dem Phoenix-See sowie der Zeche Zollverein. Zudem gehörte eine Besichtigung des ehemaligen Opel-Werksgeländes in Bochum-Laer dazu. Den zweiten Schwerpunkt bildete Migration und die Integration auf Quartiersebene in der postindustriellen Stadt. Dazu waren Besuche in Dortmund (Unionviertel, Nordstadt, Hörde/Phoenix-See), in Remscheid (Honsberg, Rosenhügel) und in Bochum (Laer, Westend, Stahlhausen) Teil des Programms.

Halde Hoheward

Halde Hoheward

Danke an alle Beteiligten für spannende Diskussionen und Vergleiche zwischen zwei sehr unterschiedlichen Regionen und Städten, die aber viele Gemeinsamkeiten teilen und noch mehr voneinander lernen können. Migration und Integration sind zudem besondere Themen für die (post-)industrielle Stadt, die in ihrer historischen Entwicklung durch starke Migrationsbewegungen von Geflüchteten und Arbeitern geprägt war und heute wieder Zielort für viele Menschen wird. Planerisch begleitet werden sollte das von innovativen und geteilten Ansätzen mit der Diversität der Bewohner/-innen. Aber auch im Wissen, dass ein enges Nebeneinander von Erfolgen und Misserfolgen geben wird und mit neuen Modellen des gemeinsamen Planens und (Er-)lebens von Quartieren, Städten und Stadtregionen experimentiert werden muss.

Glückliche Tage - Mach Quatsch! (Remscheid Honsberg)

Glückliche Tage – Mach Quatsch! (Remscheid Honsberg)

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Problemdimensionen des Klimawandels

Die räumliche Anpassung an den Megatrend Klimawandel ist eine komplexe Herausforderung. die mit vielfältigen Unsicherheiten behaftet ist. Planerisches Handeln ist erforderlich, aber es fehlen eindeutige Empfehlungen, historische Vorläufer oder langjährige Erfahrung. Eine einzige ‚Lösung‘ ist ebenso wenig verfügbar wie eine einzige räumlich-planerische Vorgehensweise. Der Klimawandel ist über die räumliche Planung hinaus grundsätzlich aus sechs Perspektiven als Problem interessant – und in allen Problembereichen mit Unsicherheiten behaftet. Als nicht abschließende Aufzählung können die folgenden sechs Problembereiche gelten, wobei in jedem dieser Probleme auch eine Chance steckt, Veränderungen und Anpassungsdruck positiv zu nutzen.

Hinweis: Der gesamte Text ist angepasst aus den Seiten 2 und 134-138 meiner Dissertation. Diese Seitenangaben entsprechen der 2016 veröffentlichten Druckfassung: Lamker, Christian W. (2016). Unsicherheit und Komplexität in Planungsprozessen: Planungstheoretische Perspektiven auf Regionalplanung und Klimaanpassung. Lemgo: Rohn.

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Megatrend Digitalisierung

Klimawandel, Raumplanung und Megatrends

Der Klimawandel als einer der großen Megatrends der heutigen Zeit ist eine räumlich nicht beschränkte Herausforderung und wird die Entwicklung weltweit langfristig über Generationen hinweg beeinflussen. Das gilt für einzelne Menschen, aber auch für alle Ebenen von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik. Das Ziel bleibt, trotz aller Unsicherheit und Komplexität planvoll in die Zukunft zu schauen und unaufhaltsame Veränderungen nicht passiv abzuwarten, sondern sie aktiv gestalten zu können. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sich der Trend bestenfalls verlangsamen oder begrenzen lässt, er aber nicht umgekehrt werden kann.

Hier stellen sich zwei grundlegende Fragen:

  • Was bedeuten Megatrends überhaupt für die gesellschaftliche Entwicklung und räumliche Planungsprozesse?
  • Wie betten sich die Megatrends Klimawandel und Klimaanpassung in die planerische Diskussion ein?

Hinweis: Der gesamte Text ist angepasst aus den Seiten 1, 8-10, 131-133, 248, 288-289 und 333 meiner Dissertationsschrift. Diese Seitenangaben entsprechen der 2016 veröffentlichten DruckfassungLamker, Christian W. (2016). Unsicherheit und Komplexität in Planungsprozessen: Planungstheoretische Perspektiven auf Regionalplanung und Klimaanpassung. Lemgo: Rohn.

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Planungstheorie und Planungswissenschaft im Praxistest

 

Zeitgleich zum Interface-Artikel in Planning Theory & Practice wurden die Ergebnisse der Befragung von Regionalplanerinnen und Regionalplanern (durchgeführt Anfang 2015) weiter diskutiert und aufbereitet. Eine weitere Auswertung, die ich mit Linda Lange und Meike Hellmich gemeinsam erarbeitet habe, ist nun online für die Raumforschung und Raumordnung erschienen (Titel: “Planungstheorie und Planungswissenschaft im Praxistest: Arbeitsalltag und Perspektiven von Regionalplanern in Deutschland”).

Der Artikel arbeitet dabei den Überblick über planerische Prozesse heute und in Zukunft auf, analysiert wesentliche Verhaltensweisen von Planern in der Regionalplanungspraxis, die Verwendung und Nützlichkeit wissenschaftlicher Erkenntnisse in der Praxis sowie die Perspektive aus der Planungspraxis auf Planungstheorien.

Planungspraxis ist – selbst im engen Bezugsrahmen formeller Regionalplanung in Deutschland – erstaunlich vielfältig. Es bestehen aber noch Lücken bei der Passfähigkeit wissenschaftlicher Forschung für den Planungsalltag. Hier sind sowohl Themen wie Formate oft nicht nah genug an den Anforderungen vor Ort. Planungspraktiker haben ein sehr differenziertes Bild davon, was Planungstheorien sind und was sie durch sie erwarten. Hier ist Verständlichkeit eine große Herausforderung und das Problem, dass vielfach die Arbeit von Wissenschaftlern nicht von Theorien abgegrenzt wird.

Danke an alle Planerinnen und Planer, die an der Befragung teilgenommen haben!

Artikel online lesen:
http://rdcu.be/mV7S

Hellmich, Meike; Lamker, Christian W. & Lange, Linda (2016). Planungstheorie und Planungswissenschaft im Praxistest: Arbeitsalltag und Perspektiven von Regionalplanern in Deutschland. Raumforschung und Raumordnung(Online first): 1–11. doi: 10.1007/s13147-016-0464-x.

FOKO: Komplexität der Energiewende – neue Rollen für Planer?!

Am 15. November 2015 stelle ich ab 18:00 Uhr Teile meiner Forschung aus der Dissertation im Forschungskolloquium des Instituts für Raumplanung (IRPUD an der TU Dortmund vor. Ort ist Campus Süd, GB III, Raum 214 (1. OG).  Weitere Informationen auf der IRPUD-Homepage.

Abstract:

Eine erfolgreiche Umsetzung von Zielen der Energiewende fordert dazu heraus, bekannte Ideen, Verhaltens- und Denkweisen kritisch zu hinterfragen. Neue Verhaltensweisen und Rollenverständnisse werden erforderlich, um diesen Megatrend planerisch zu bearbeiten. Der Vortrag legt dar, welche verschiedenen Rollen Planer in einem komplexen Prozess einnehmen könnten und wie Planung dadurch angesichts schwieriger Rahmenbedingungen die Unsicherheit und Komplexität reduzieren kann.  Die Energiewende steht beispielhaft für viele große Herausforderungen, vor denen Planungswissenschaft und Planungspraxis heute stehen. Erstens in Bezug auf zur Verfügung stehende Informationen und Zusammenhänge, zweitens aber ebenso in Verbindung mit Wertvorstellungen, raumwirksamen Entscheidungen anderer Akteure, Zukunftsprognosen und (möglichen) Wirkungen heutiger Handlungen.